Der Koalitionsvertrag – die Präambel

Mutig wie ich nunmal bin, habe ich mir heute vorgenommen, die 191 Seiten Koalitionsvertrag komplett zu lesen. Und der geht gleich gut los. Auf Seite 11. Die 10 Seiten davor sind nur Titelblatt und Inhaltsverzeichnis. Das macht mich optimistisch, den Vertrag schnell durchgelesen zu haben. Ãœbrigens nettes Detail am Rande, das ich so noch nie gesehen habe: Die Zeilen sind komplett durchnummeriert. Sehr gut, so kann ich sogar die Zeilennummern zu den Zitaten liefern. Noch ein letztes Detail am Rande, bevor ich mit der Betrachtung der Präambel beginne: Datiert ist der Vertrag auf den 11.11. – leider steht keine Uhrzeit dabei. Ich freue mich aber schon jetzt auf Aschermittwoch… Aber fangen wir mit dem Inhalt an. Da macht mir gleich der erste Absatz Angst. Da (Zeile 485 ff) lese ich:

Wir werden […] Mut machen zur Anstrengung und das Vertrauen der Menschen in die Zukunftsfähigkeit des Landes stärken.

Mut machen zur Anstrengung? Sollen wir Deutschen mehr antrengenden Sport treiben oder wie? Klingt doch sehr nach Bullshit. Und das Vertrauen stärken? Müssen wir uns jetzt auf Dauerberieselung mit “Du bist Deutschland” einstellen? Note to self: Schonmal Pläne machen, wie man dem entgehen kann. Fernseher aus dem Fenster, alle Zeitschriften abbestellen und dunkle Sonnenbrille, so dass ich die Plakate nicht sehe sind meine ersten Ideen.

Zeile 492 ff:

Arbeit […] ermöglicht Teilhabe und Teilnahme am sozialen Leben.

Das stimmt so sogar, aber das klingt so ausschließend. Auch ohne Arbeit ist das möglich. Offensichtlich sieht das die große Koalition nicht so. Der nächste Satz zeigt aber schön, warum das auch gar nicht gewollt ist:

Wenn wieder mehr Menschen Arbeit haben, verbessert dies auch die Lage der Finanz- und Sozialsysteme unseres Landes.

Man beachte die Reihenfolge…

Zeile 512 ff:

Wir werden die Chancen für mehr Arbeitsplätze auch erhöhen durch Weiterentwicklung des Kündigungsschutzes

Weiterentwicklung hin zur Abwesenheit? Oder wo genau wird er weiterentwickelt? Das einzige, was die Medien dazu gemeldet haben, ist das er erst nach 24 Monaten greifen soll. Tolle Weiterentwicklung. Aber wir sind ja auch erst in der Präambel, mal gucken, was da noch steht.

Zeile 533 ff:

Wir werden:
· sanieren, reformieren und investieren
· und dabei die Lasten gerecht auf alle Schultern verteilen.

· sinnlose Listen nutzen
· den Bullet-Point-Überhang in Deutschland durch exzessive Nutzung verringern

Zeile 617 ff:

CDU, CSU und SPD stehen für einen handlungsfähigen Staat, der die Freiheitsräume seiner Bürger schützt. Angesichts der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus greifen innere und äußere Sicherheit immer stärker ineinander. Dem begegnen wir durch eine konsequente Sicherheitspolitik.

Nach den bisherigen Erfahrungen mit den Innenpoitikern aller Beteiligten wird hier Schutz durch Abschaffung betrieben. Unsere Freiheitsräume werden also wohl auch “weiterentwickelt”. Den zweiten Satz kann man sehr gut als Andeutung sehen, dass die Bundeswehr wohl bald auch im Inland arbeiten soll. Der dritte Satz wiederum gibt mir wirklich zu denken. Was ist denn eine “konsequente Sicherheitspolitik”? Eine konsequente Fortführung der bisherigen Politik? Eine konsequent miese Sicherheitspolitik?

Das war’s an Vorwort. Was haben wir gelernt? Dass die große Koalition sich toll findet (was eine Ãœberraschung), dass sie zumindest in ihrer Präambel viel leere Worthülsen haben und wenig konkrete Maßnahmen auch nur andeuten und vor allem: dass eine Präambel einer großen Koalition auch mit ausgetauschten Parteinamen vermutlich uneingeschränkte Gültigkeit hätte. Ich habe jedenfalls in der Präambel nichts gefunden, was ich eindeutig einer bestimmten Partei zuordnen würde. Weder eine sozialdemokratische noch eine christdemokratische Handschrift konnte ich entdecken.

Und wie geht’s weiter? Ich werde in den nächsten Tagen auch die anderen Kapitel durchlesen und hier kommentieren. Ich hoffe, damit noch dieses Wochenende fertig zu werden. Mal gucken, ob ich das schaffe…

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2 thoughts on “Der Koalitionsvertrag – die Präambel

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