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S-Bahn-Fahren 2010

CSU-Innenexperte Norbert Geis will sogar Sicherheitskontrollen wie am Flughafen: „Wir können es nicht darauf ankommen lassen, dass die erste Bombe in einem ICE explodiert.“

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Nachdem ich mich von meinem Lachkrampf ob der Sinnfreiheit dieser Forderung (aber hey, es ist die CSU, was erwarte ich da eigentlich?) erholt hatte und mich wieder auf meinen Stuhl gesetzt hatte, habe ich mir nach dem Lesen dieser Aussage mal vorgestellt, wie dann wohl in ein paar Jahren das S-Bahn-Fahren aussehen wuerde. Ich lade euch also heute zu einer kleinen Zeitreise ein paar Jahre in die Zukunft ein.

Es ist 6:30. So langsam muss ich los, immerhin muss ich um 8:20 die S-Bahn nach Potsdam kriegen, und morgens ist ja immer so viel am S-Bahnhof los. Die ganzen Pendler… Also packe ich meine Sachen in den Rucksack und meinen Fahrausweis in eine durchsichtige Plastiktuete. Nach dem Stress ein paar Tage zuvor, als ich nur knapp einer Festnahme entkommen bin als ich meine Hand in Richtung Hosentasche bewegt hatte, nehme ich sie jetzt immer vorher raus. Am S-Bahnhof angekommen gehe ich zum Express-Checkin-Schalter fuer Leute mit Dauerkarten. Nach nur 20 Minuten bin ich an der Reihe. Ich zeige meine Dauerkarte und gebe meinen Rucksack auf. Er wird auf ein Foerderband gestellt und gleich durchleuchtet. Die ueblichen Fragen (“Ist das ihr Rucksack?”, “Haben sie ihn irgendwann Mal aus den Augen gelassen.”) werden gestellt und dann wird ein kleines RFID-Etikett am Griff des Rucksacks befestigt. Darauf gespeichert ist eine eindeutige ID sowie ein Foto von mir, damit ich im Zweifelsfall durch die Kameras gesucht werden kann, wenn irgendwas mit dem Rucksack nicht stimmt. Der Rucksack surrt davon, in die Dunkelheit der Gepaeckverarbeitung. Ich erhalte einen Boarding-Pass und eine ebenfalls mit RFID versehene Karte, mit der ich nachher meinen Rucksack wiederholen kann. Mit der Karte, meinem Boarding-Pass und meinem Semesterticket in meiner Tuete gehe ich weiter zum Sicherheitscheck.

Inzwischen ist es 7 Uhr. Die Pendler sind alle schon da. Lange Schlangen bilden sich. Die Diskussion in den Zeitungen ueber die Aufstockung des Personals an den kleineren Bahnhoefen von 20 auf 30 Personen kommt mir wieder in den Sinn, aber Berlin ist ja schon traditionell pleite und die Bahn wollte oder konnte das nicht alleine bezahlen. Obwohl die Ticketpreise inzwischen bei 20 Euro selbst fuer die Kurzstreckenscheine angekommen sind macht die Bahn immernoch Verluste. Deswegen sollen die Preise bald wieder angehoben werden, man munkelt von Preisen um die 800 Euro fuer eine Monatskarte, rund 1500 fuer das Semesterticket und 35 fuer die Kurzstrecke. Immerhin sollen dadurch die Schlangen verkuerzt werden.

Um halb 8 bin ich an der Reihe. Ich gebe meine Tuete ab, sie wird durchleuchtet. Dann gehe ich erst durch einen Metalldetektor, dann zwischen zwei Sprengstoffhunden hindurch, dann wird meine Iris gescannt und mein Fingerabdruck genommen. Die Ergebnisse werden mit den gespeicherten Daten auf meiner Monatskarte verglichen. Ich habe heute Glueck. Schon beim zweiten Versuch erkennt das System mich und laesst mich durch. Nach dem dritten haette ich in ein Nebenzimmer gemusst. Diese Untersuchungen dauern haeufig bis zu einer halben Stunde, Geruechten zufolge sind sie Polizeiverhoeren vor 5 Jahren nicht unaehnlich. Nachdem ich Einlass in den Zwischenbereich bekommen habe werde ich noch von einem Bundespolizisten abgetastet. Dann darf ich in den Sicherheitsbereich.

Mein Ticket wird von einem Scanner gelesen und ich gehe zum entsprechenden Wartebereich. Heute ging es schnell, ich haette auch einen Zug vorher nehmen koennen. Aber das Umbuchen ist mir zu kompliziert. Also setze ich mich in den Warteraum fuer die S-Bahn um 8:20. Die Bahn um 8:10 kommt und haelt, die Leute steigen aus und gehen in den Ausgangsbereich, wo sie ihr Gepaeck abholen. Dann werden die Tueren vom Wartebereich geoeffnet und die Fahrgaeste steigen ein. Ich gucke nebenbei etwas Fernsehen. Es laeuft ein Bericht ueber die neuen Fahrzeugerkennungssysteme, die in Berlin installiert wurden, nachdem der Innenminister einen deutlichen Sicherheitsgewinn bei der Verhinderung von Anschlaegen durch Raser erkannt hat. Jetzt stehen an fast allen Kreuzungen Kameras die die Kennzeichen der Autos scannen. Sie vergleichen die Entfernung zur letzten Kamera mit der Zeit, die das Auto fuer die Strecke gebraucht hat und stellen gleich entsprechende Verwarnungen aus.

Als die Bahn in die andere Richtung einfaehrt gibt es kurz Tumulte. Ein Rail-Marshall hat auf der Fahrt einen Jugendlichen angeschossen. Vermutlich hat der Jugendliche zu schnell nach seiner Tasche gegriffen oder einen MP3-Player mit in den Zug geschmuggelt. Solche Geraete sind streng verboten, da sie ein getarnter Fernzuender sein koennten. Deswegen gibt es bei elektronischen Geraeten, die erkannt werden, wohl auch Schiessbefehl. Es kommt deswegen oefter vor, dass die Rail-Marshalls schiessen. Letzte Woche sind dabei zwei Unbeteiligte getroffen worden, weil sie unguenstig standen. Jetzt kommt der Rail-Marshall mit dem gefesselten, blutenden Jugendlichen aus dem Zug und fuehrt ihn in Richtung Verhoerzimmer. Daneben sieht man schon einen Rettungswagen stehen, aber der muss warten. Sicherheit geht vor.

Kurz danach kommt meine Bahn. Ich steige ein und sehe grade noch im Augenwinkel meinen Rucksack, wie er in das Gepaeckabteil geladen wird. Nach einer halben Stunde steige ich in Potsdam wieder aus und gehe zum Gepaeckbereich. Dort hole ich meinen Rucksack vom Foerderband, halte das Etikett und meine Gepaeckkarte an einen Leser und werfe beides danach in die dafuer vorgesehenen Behaelter.

Schoene neue Welt. Ich freue mich auf die totale UeberwachungSicherheit. Endlich wird das Bahnfahren wieder Spass machen.

Web 2.0 – das Ende der Privatsphäre?

Die Tagesschau (die übrigens jetzt auch einen Video-Podcast hat. Sehr nett.) hat heute einen Artikel über die “dunkle Seite des Web 2.0” veröffentlicht. Dabei geht es vor allem darum, dass vielen nicht klar ist, was alles über sie im Netz steht. Grade bei “sozialer Software”, also Software, bei der es genau darum geht, seine Vorlieben öffentlich zu machen, ist diese Gefahr nicht ganz von der Hand zu weisen, denke ich. Auf jeden Fall ein interessanter Artikel, der zum Nachdenken anregt.

WebWatching und die Blogger

Wie schon beschrieben ist in den letzten Tagen viel aufgetaucht, worüber ich mich noch auslassen möchte. Anfangen möchte ich mit WebWatching. Die Seite wurde woanders wirklich ausreichend behandelt, so dass ich mich nicht über das miese Flash-Layout oder die plötzlich doch aufgetauchte HTML-Version auslassen möchte. Mir gehts eher um den Inhalt. Genauer um ein Interview mit Thomas Leif (natürlich gleich von SpOn übernommen). In diesem Interview geht es vor allem um die Blogger und ob sie jetzt wirklich die Klowände des Internets sind oder vielleicht doch was anderes. Wohin die Reise geht, macht gleich einer der ersten Sätze klar:

Den meisten Bloggern fehlt jegliches journalistisches Handwerkszeug.

Interessant ist vor allem folgende Aussage, die professionelle Journalisten kennzeichnen soll:

Alle beteiligten Parteien anzuhören, ist unter anderem ein entscheidendes Charakteristikum von professionellem Journalismus.

Anhören, ja. Und dann alles ignorieren, was einem nicht in den Kram passt. Besonders die auflagenstärkste deutsche Zeitung ist darin sehr gut. Das Bild-Blog, das sich genau damit beschäftigt, hebt Thomas Leif sogar als besonders gutes Blog hervor. Generell vermisse ich fast alles, was in diesem Interview als Merkmal professioneller Journalisten vorkommt, bei vielen deutschen Zeitschriften…

Einen Punkt, den Thomas Leif gegen die Blogger anführt, sehe ich gar nicht so sehr als Problem:

Während ernsthafte Journalisten zumindest versuchen, objektivierbare Kriterien einzuführen, sind viele Blogs von einer Hypersubjektivität getrieben. Der Blogger stellt seine eigene Person in den Vordergrund.

Sicherlich sind Blogs oft subjektiv. Aber das finde ich nicht unbedingt schlimm. Denn Blogs behaupten gar nicht, objektiv zu sein – im Gegensatz zu Zeitungen. Die behaupten zwar, objektiv zu sein, obwohl sie natürlich auch subjektiv sind. Das weiß ja auch fast jeder. Die taz ist grün, die FAZ schwarz. Ist das jetzt jemandem wirklich nicht bekannt?

Andere Behauptungen, die aufgestellt werden, sehe ich einfach nicht belegt:

Dem Großteil der Blogger geht es eben nicht ernsthaft darum, einen Sachverhalt aufzuklären oder einen Vorgang zu analysieren.

Das, was man am ehesten von Bloggern mitbekommt, deutet da auf Anderes hin. Sonys Kopierschutz sei mal exemplarisch genannt. In den USA waren da auch noch mehr Fälle dabei, die von Bloggern “aufgedeckt” wurden.

Entlassungsproduktivität ist Unwort des Jahres

Nachdem Hartz4All das Unwort des Jahrtausends gekürt hat interessiert viele das Unwort des Jahres vielleicht gar nicht mehr. Trotzdem wurde es heute verkündet: Entlassungsproduktivität. Aber irgendwie… Ich weiß nicht. Meist ist das Unwort des Jahres ein viel zu häufig gebrauchtes oder zumindest für einen bestimmten, in diesem Jahr sehr prägenden, Vorfall benutztes Wort. Aber Entlassungsproduktivität? Hab ich nie gehört. Und das geht nicht nur mir so. Auch Tante Google findet nur knapp über 300 Treffer, wenn man mal die Artikel über die Ernennung zum Unwort des Jahres weglässt. Tante Google News findet sogar genau 0 Treffer. Ask.com findet immerhin rund 2500 Treffer, aber so wirklich viel ist auch das nicht.

Zum Vergleich: Humankapital, das Unwort des Jahres 2004, führt zu >600.000/46/67.200 Treffern.

SpOn

Manchmal frage ich mich, was die Leute bei SpOn da fabrizieren…

Wie verwegen das Vorhaben ist, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass etwa die Deutsche Bundesbahn nicht in der Lage ist, Anschlusszüge anderer Anbieter, die nach einem festen Fahrplan verkehren, in ihre Datenbank einzugliedern.

Na, wer findet die beiden Fehler, die SpOn da in nur einen Satz gepresst hat? Richtig: Die Deutsche Bundesbahn gibts schon seit über 10 Jahren nicht mehr und die Deutsche Bahn AG, ihre Nachfolgerin, schafft es völlig problemlos andere Anbieter in ihr System einzuflegen. Wer’s selbst ausprobieren will, kann ja einfach mal eine Strecke zu einem beliebigen berliner U-Bahnhof suchen lassen – das geht auf bahn.de problemlos. Auch Interconnex-Verbindungen kriegt man dort problemlos zu Gesicht, wenn sie zur Anfrage passen. Aber es ist halt SpOn…

Wikipedia-Manipulationen

Bei der Welt gibt es einen Artikel über Wikipedia zu lesen. Darin findet sich auf Seite 2 u.A. folgender Satz:

In Spanien veröffentlichte der Marketingexperte Steve Rubel vor wenigen Tagen eine detaillierte Anleitung zum Manipulieren speziell von Wikipedia.

SpOn hat diesen Satz gleich übernommen und sogar die Anleitung verlinkt. Offensichtlich haben aber beide Zeitungen leider grade keine Redakteure übrig gehabt, um sich die “Manipulations-Anleitung” durchzulesen. Zum Lesen von mehr als “Wikipedia” und “hack” hat es wohl nicht gereicht.

Der Artikel enthält nämlich nur 10 Tipps, wie man Wikipedia besser nutzen kann. Da werden Tastatur-Shortcuts erklärt, WAPepedia vorgestellt sowie Möglichkeiten aufgezeigt, aus Firefox leichter an Wikipedia-Informationen zu kommen. Kein einziger der 10 Tipps beschäftigt sich in irgendeiner Weise mit Manipulationen. Das wäre auch eine echte Überraschung. Immerhin wird gleich im ersten Absatz gesagt, dass der Artikel zu einer ganzen Serie gehört, in der Web 2.0-Techniken vorgestellt werden und jeweils 10 Tipps für einen besseren Umgang mit den Techniken gegeben werden.

Der Koalitionsvertrag – Die Regierungserklärung

Heute ist die erste Regierungserklärung der neuen Regierung fällig. Grundlage dafür ist natürlich der hier ja schon in einigen Einträgen behandlete Koalitionsvertrag. Bei der Tagesschau kann man zu der Erklärung folgendes lesen:

Die Kanzlerin [wird] die Aussagen des 191 Seiten starken Vertragswerkes “an der einen oder anderen Stelle” konkretisieren.

Na da bin ich aber ja mal gespannt! Dieser Mangel an Konkretheit ist einer der Gründe, warum hier seit einigen Tagen kein Eintrag mehr erschien. Ich habe jetzt schon wieder 4 oder 5 Kapitel gelesen und dabei nur leere Worthülsen vorgefunden. Auch in den schon betrachteten Kapiteln fanden sich ja durchaus einige Teile, die nicht auf den ersten Blick verständlich waren; ich denke da z.B. an die Friedenssicherung im Kapitel über Forschung…

Killerspiele

ARGH!

Der CSU-Abgeordnete Andreas Scheuer, der auch für Jugendschutz verantwortlich ist, verweist auf Nachfrage von SPIEGEL ONLINE auf diesen Gesetzentwurf, erwähnt dann aber anschließend doch den Namen eines einschlägigen Egoshooters und fügt hinzu, “das können wir in den Kinderzimmern einfach nicht gebrauchen”. Zwar käme bei dieser Frage auch “eine Elternverantwortung dazu”, aber einigen nicht ganz so medienkompetenten Eltern müsse man da einfach helfen. Ein “komplettes Verbot” müsse deshalb her.

Genau. Weil Eltern zu dumm sind einzusehen, dass ihre Kinder böse Sachen wie Counterstrike nicht zu spielen haben, muss die RettungstruppeCSU ihnen solche Entscheidungen abnehmen und unsere Kinder retten… *kopfschüttel*

Berichterstattungsunterschiede

Es ist schon interessant, wie unterschiedlich man von ein und demselben Ereignis berichten kann. Grade ist mir das wieder aufgefallen, als ich die Artikel von sowohl der Netzeitung als auch von SpOn zum aktuellen SPD-Parteitag las. Bei der Netzeitung heißt es da:

Zum Schluss gab es kein Halten mehr. Der Beifall wollte nicht aufhören.

Während SpOn meldet:

Doch der Abschied von Schröder und Müntefering wirkt auch ein wenig wie eine Pflichtübung. Das Signal aus Karlsruhe: Die Sozialdemokraten wollen die selbst gemachte Führungskrise endlich hinter sich bringen.

Das bestärkt mich wiedereinmal darin, mehrere Quellen zu lesen und nicht nur einer einzigen Nachrichtenseite zu vertrauen.